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Notwendige Voraussetzungen für den Betrieb der Walcker-Konzertorgel

21. Mai 2007

1. Ausgangslage

Die Walcker-Konzertorgel aus dem Hans-Sachs-Haus ist die größte Saalorgel in Deutschland. Sie zählt zu den Orgeln, die gerade wegen ihres herausragenden Klanges, ihrer Variabilität als Solo-, als Ensemble- und Begleitinstrument (z. B. bei Oratorien), sowie einiger Register mit außergewöhnlichen Besonderheiten (Mensuren nach Michael Praetorius (1561 – 1621) und der Orgelbaudynastie Silbermann (16. und 17. Jh.)) hohes internationales Ansehen genießt.
An dieser Orgel lässt sich ohne Einschränkung die gesamte Orgelliteratur vom Barock bis zur Gegenwart authentisch interpretieren.

Die Orgel verfügt über 100 Register (Definition Register: eine Pfeifenreihe vom tiefsten bis zum höchsten Ton mit einem bestimmten individuellen
Klangcharakter) mit ca. 7500 Pfeifen.

Die Register sind auf sechs Werke verteilt:

  • das Pedalwerk
  • das Hauptwerk (Manual I)
  • die schwellbaren, dh. Lautstärke mittels eines Schwellers regulierbaren Werke (Manuale II, III, IV)
  • das Fernwerk

Hinzu kommt der hölzerne Schallkanal, der in die Mitte des Saales reicht und in einer trichterförmigen Öffnung endet.

Aufgrund dieser großdimensionierten klanggebenden Konstruktionsteile, zu denen auch die umfänglichen Pfeifenladen, Windanlagen und drei Motoren gezählt werden müssen, ergibt sich eine reine Stellfläche von 127 Quadratmetern, zu verteilen auf mehrere Positionen im Raum (s.u.)

Die Orgel muss wenigstens ein Mal in der Woche in allen ihren Funktionen betätigt werden, um die Spielfähigkeit jederzeit zu garantieren. Dazu sind mehrere Stunden anzusetzen.

Die Orgel ist in den letzten Jahren von der Traditionsfirma „Orgelbau Romanus Seifert & Sohn GmbH & Co.“ (Kevelaer) nach den alten Plänen fachmännisch restauriert und mit einem neuen Spieltisch ausgestattet worden, der von seiner technischen Ausstattung her auf dem aktuellsten Stand der Orgelbautechnik ist.
 

2. Architektonische Voraussetzungen

Die Aufstellung der Orgel muss zur Erreichung der Klangqualität in symbiotische Aufeinanderbezogenheit von Saal und Orgel erfolgen. Die hufeisenförmige Aufstellung der Orgel an der Stirnseite des Saales und die Klangzuleitung des Fernwerkes in den Saal zu Beginn seines letzten Drittels ergibt eine Quadrophonie. Diese beabsichtigte Wirkung wird durch die besondere Aufstellung der Orgelwerke in der Fläche erzielt.

Das Klangraum-Volumen des Saales sollte sich (dem alten Saal entsprechend) um 8.200 Kubikmeter bewegen.

Die Klanggestaltung ist nicht nur vom Instrument und seiner besonderen Aufstellungsart abhängig, sondern beruht zudem auf der besonderen Abstimmung von Klangquelle (Orgel) und Klangziel (Saal), Der Saal muss also auch hinsichtlich der dort verwendeten Materialien (z. B. Holzwände) besondere akustische Anforderungen erfüllen. Insbesondere zu vermeiden sind glatte (Glas)-Wände, die zu langen Nachhall-Zeiten führen.

Tatsächlich müsste der Saal architektonisch kompromisslos auf die akustischen Zielvorgaben und Potentiale der Walcker-Orgel zugeschnitten werden, will man dieses Instrument denkmalgerecht aufstellen und zweckentsprechend nutzen.
 

3. Veranstaltungsstrukturelle Voraussetzungen

Der Einbau einer so bedeutenden Orgel in einen Saal verlangt neben der Erfüllung der akustischen Vorgaben auch ein angemessenes Konzertprogramm.

Das heißt, dass

  • sowohl der Saal die veranstaltungstechnischen Voraussetzungen und das Ambiente für einen konzentrierten Konzertgenuss in angemessener Atmosphäre bieten muss,
  • als auch die finanziellen Voraussetzungen für ein regelmäßiges, selten kostendeckend anzubietendes, Konzertprogramm vorhanden sein müssen.

Hinzu kommt die Verfügbarkeit, die Orgel (s.o.) mindestens ein Mal pro Woche „durchzuspielen“.

4. Einschätzung

  1. Wenn die oben begründeten architektonischen und veranstaltungsstrukturellen Voraussetzungen im „Neuen Hans-Sachs-Haus“ nicht gegeben sind, ist aus fachlicher Sicht von einem Einbau der Orgel unbedingt abzuraten.
  2. Eine Überprüfung weiterer größerer Säle in Gelsenkirchen (Volkshaus Rotthausen, Heilig Kreuz Kirche, u.a.) hat ergeben, dass nicht nur die architektonischen, sondern v.a. auch die veranstaltungsstrukturellen Vorgaben hier nicht erfüllt werden können.
  3. Will man der besonderen Bedeutung dieses großen Instrumentes gerecht werden, wird man, wenn die Voraussetzungen innerhalb Gelsenkirchens nicht erfüllt werden können, außerhalb Gelsenkirchens nach einem angemessenen Standort suchen müssen.

 

21. Mai 2007

K.-H. Obernier, Kustos der Walcker-Orgel aus dem Hans-Sachs-Haus
Dr. V. Bandelow, Leiter Referat Kultur
 

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