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  Presseberichte
  Buersche Zeitung, 28.11.1989

Prächtige Register herausgestellt

Prof. Edgar Krapp an der Walcker-Orgel / Prominenter Organist zieht Scharen an

 

GELSENKIRCHEN. Großer Andrang zum Orgelkonzert im Hans-Sachs-Haus: Es geht also doch! Daß sich ein Vielfaches an Zuhörern im Vergleich zum schleppenden Beginn dieser wiederaufgenommenen Konzertreihe einfand, hat mehrere Gründe. Neben dem Namen des Solisten, Prof. Edgar Krapp, der Kulturbeflissenheit vieler in dieser Jahreszeit und dem sonntäglichen Termin waren es vor allem aber der erheblich verbesserte Informationsfluß und die gänzlich andere, durchaus als experimentell zu wertende Programmstruktur, welche das Publikum an der Kasse Schlange stehen ließen.

Der Zündfunke lag zweifellos in der Vortragsfolge. Offensichtlich findet in dieser Umgebung eine liturgisch geprägte Werkauswahl nur geringen Zuspruch. Die Frage nach dem "Mehr" aber schien bisher unbeantwortbar. Krapp, der vorbildlich moderierte, hat möglicherweise und hoffentlich den Knoten durchschnitten.

Eingangs war Charles-Marie Widors berühmte und eingängige Orgelsymphonie Nr. 5 zu hören. Sinfonisch im besten Sinne wurde sie vermittelt. Von dem von atemberaubender Stille getragenen Adagio bis hin zur aufregenden Virtuosität in der Toccata hörte man eine kluge und kreative Interpretation. Der zweite Teil krempelte das herkömmliche Bild der Orgel als eines Instrumentes voll sakraler Würde völlig um. Auffallendes Merkmal des Spiels von Krapp war die verstärkte Herauslösung der wunderschönen Einzelregister der Walcker-Orgel. Das volle Werk, mit üppigen 84 Registern ausgestattet, war hier viel weniger das Ziel klanglicher Repräsentation.

Mit Neugier und Unsicherheit zugleich las man von den Bearbeitungen im 2. Teil. Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart, Frederic Chopin, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Richard Wagner und Charles Gounod (Zugabe) wurden umkomponiert dargeboten, in Fassungen unter anderen von Franz Liszt und vom Solisten.

Damit hat sich das Spektrum des Instruments erweitert. Die Standorte Saal und Kirche haben ihre Konturen geschärft, und zwar zum Vorteil beider. Gelsenkirchen ist damit weit und breit in einer besonders glücklichen Lage. Michael Beste

   

 

 

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