Die Hans-Sachs-Haus-Orgel wird
gereinigt
Erste Generalüberholung nach dreizehn Jahren /
Staub und nochmals Staub, sonst aber gut erhalten
Warum keine Orgelmusik:
dn. Im
Hans-Sachs-Haus
wird zur Zeit eine interessante Arbeit ausgeführt: Die
große Orgel wird gereinigt. Solche ein Orgelwerk ist ein komplizierter
Mechanismus, der ständiger Wartung bedarf, sollen nicht in entscheidenden
Augenblicken peinliche Situationen entstehen. Wir haben sie in
den ersten Jahren nach Fertigstellung des Orgelbaues im Konzert
erlebt; solche kleinen Störungen die bei den vielen hundert Kontakten)
im Zuge der elektrischen Traktur des Werkes ja einmal vorkommen
können, sind jeweils sofort behoben, sie haben im ganzen gesehen,
den Zustand des kostbaren Instrumentes nicht beeinträchtigt. Nun
aber, nachdem die Orgel dreizehn
Jahre steht, ist zum ersten Male eine gründliche
Ueberholung erforderlich geworden.
Bekanntlich wurde die Orgel im Jahre
1927 erbaut; sie ist als Opus
2150 aus der Werkstatt der bekannten Orgelbauanstalt E. F. Walcker & Co., in Ludwigsburg hervorgegangen. Die Disposition
der Orgel sieht 91 Register vor, die sich auf
vier Manuale und ein Pedalverteilen, dazu tritt noch das
Fernwerk. Unter den dreizehn
Registern des vierten Manuals befindet sich aus eine Celesta,
ein Stahlplattenklavier. In elf Registern der Orgel hat
man alte Stimmen wieder belebt; diese Register wurden zum Teil nach
den Angaben des um 1600 lebenden Musik- und Orgelgelehrten Prätorius,
zum Teil nach den entsprechenden alten Registern der Johanniskirche
zu Lüneburg gebaut. Zur besseren dynamischen Beweglichkeit des
Klanges sind die Register des zweiten, dritten und viertel Manuals
und des Fernwerks in Schwellkästen mit beweglichen Jalousien eingebaut,
die Stimmen des Hauptmanuals sowie des Pedals stehen dagegen frei.
Zur Winderzeugung dienen drei elektrische Gebläse, von
denen zwei auf die Hauptorgel, das drittes (sic!) auf das Fernwerk
wirken; der Strom für die elektrische Traktur wird durch eine
kleine Schwachstrommaschine erzeugt, der eine zweite als Reserve
beigegeben ist.
Wie jeder Konzertbesucher schon bemerkt
hat, erfolgt der Abschluß des Orgelraumes gegen den Saal anstelle
der sonst vielfach üblichen Prospektpfeifen durch feststehende
horizontale Jalousien. Nun ist aber klar, dass in einem so großen
Raum, der von so vielen Menschen besucht wird,
viel Staub aufgewirbelt wird, besonders wenn durch
Varietè- und Tanzvorführungen auf dem Podium unmittelbar unter
dem Orgelraum die Luft stark bewegt wird. Der Staub aber setzt
sich im Orgelwerk ab, er dringt auch in die oben offenen Pfeifen
ein und beeinträchtigt den Ton.
Seit einigen Tagen ist nun Orgelbaumeister
Ludwig Rat
aus Dortmund im Auftrage der Firma Walker dabei, das ganze
Werk von Grund auf zu überholen. Manual
auf Manual wird vorgenommen, die vielgestaltigen kleinen und großen
Pfeifen - die kleinste ist gerade einen Zentimeter groß, die größte
mehrere Meter, so dass sie liegend und gekröpft untergebracht
werden mußte - werden aus den Windladen genommen und dann tritt
zunächst einmal der
Staubsaugergründlich in Tätigkeit. Wir haben uns durch
eigenen Augenschein davon überzeugen können, wie dick der Staub
da oben liegt. Gleichzeitig damit wird die Stimmung jeder einzelnen
Pfeife auf ihre Reinheit überprüft. Bei den vielen hundert Pfeifen,
die das Werk birgt, ist das eine Arbeit, die auf rund sieben
Wochenberechnet ist. Wie uns Orgelbaumeister Rat auf unsere
Frage bestätigte, ist das Werk, abgesehen von der Verstaubung,
noch in tadellosem Zustand. Sind die Arbeiten demnächst beendet,
dann steht die Orgel rechtzeitig zum Beginn der Konzertzeit wieder
zur Verfügung.
Ja
aber, so hören wir nun schon die Einwände derjenigen Musikfreunde
unter unseren Lesern, die unsere Mitteilung über das Programm
der städtischen Konzerte in der Nummer der GAZ. vom 21. August
aufmerksam studiert haben, für den ganzen Winter ist ja
nicht ein einziges Orgelwerk
vorgesehen.
Richtig! Das ist entschieden ein
Schönheitsfehler des sonst so schönen Programms und deshalb haben
wir oben die Vorzüge
unserer großen Orgel noch einmal kurz in Erinnerung gerufen um
darzutun, daß ein solches Werk des damals über hunderttausend
Mark gekostet hat, viel zu schade dafür ist, unbenutzt dazustehen.
Wir möchten deshalb anregen, zu prüfen, ob es nicht möglich ist,
da ja das Programm für die acht Hauptkonzerte schon feststeht
und die Solisten verpflichtet sind, ein Orgelkonzert noch einzuschieben. Vielleicht
wäre es auch möglich, kurze, aber gehaltvolle
Morgen feiern mit Orgelmusik an mehreren Sonntagen des Winters
zu veranstalten, zu denen die namhaftesten Orgelkünstler unserer
Stadt herangezogen werden könnten. Wir sind sicher, daß solche
Morgenfeiern bei entsprechender Ausgestaltung von den Musikfreunden
unserer Stadt begrüßt werden und ihr Publikum finden würden.
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