"Wunderorgel"
erstrahlt in neuer Klangpracht
Walcker-lnstrument im
Hans-Sachs-Haus für 800 000 Mark überholt / Kulturausschuß
regt Orgelfestival an
GELSENKIRCHEN. (al) Einst als Wunder deutscher Orgelbaukunst gepriesen,
war die Walcker-Orgel im großen Saal des Hans-Sachs-Hauses zu
Beginn dieses Jahrzehnts fast am Ende. Die Stadt war damals drauf
und dran, das ramponierte Instrument zu demontieren. Vor diesem
Schritt bewahrte sie der Leiter der Städtischen Musikschule, Karlheinz
Obernier, der die Walcker-Orgel als Kustos betreut. Obernier konnte
die Stadtväter davon überzeugen, daß die Gelder zur fälligen Generalüberholung
nicht zum Fenster herausgeworfen würden.
Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen. 800 000 Mark ließ
sich die Stadt die Restaurierung der heute unter Denkmalschutz
stehenden Königin der Instrumente kosten. Daß sich die Ausgabe
gelohnt hat, bewies Kustos Obernier den Kulturpolitikern, als
er ihnen Kostproben der neuen Klangpracht bot. Der Kulturausschuß
zeigte sich so angetan, daß er einen Wettbewerb oder gar ein Festival
anregte.
Erste Kontakte, um die Walcker-Orgel ins Gespräch zu bringen,
hat Obernier schon geknüpft. Er erhielt (wie bereits kurz berichtet)
die Zusage, daß die Abschlußkonzerte an der Orgel im Landeswettbewerb
"Jugend musiziert" künftig im Hans-Sachs-Haus stattfinden und
im Rundfunk übertragen werden.
Immerhin genießt die Walcker-Orgel, wie Obernier betont, "weltweit
großes Ansehen bei Orgelfreunden und Organisten". Tatsächlich
gilt das 1927 von Oskar Walcker geschaffene Konzertinstrument
als eines der bedeutendsten Zeugnisse aus der Epoche der Orgelbaureform
und mit seinen 84 Registern als eines der größten seiner Art.
Den alten Spieltisch vermachte die Stadt dem Orgelmuseum in Borgentreich.
Die alte elektropneumati-sche Traktur wurde durch eine elektronische
Anlage auf dem modernsten Stand der Technik ersetzt. Die alten
Laden wurden durch moderne Schleifladen ausgetauscht, so daß die
Pfeifen nun präzise ansprechen.
Kaum wieder gutzumachenden Schaden hat dem Instrument freilich
der Umbau des Saales im Hans-Sachs-Haus vor 15 Jahren zugefügt.
Die Klangentfaltung, klagt Obernier, sei damals durch die stark
herabgezogene Decke reduziert worden.
Dem Städtischen Musikverein, Chören und gelegentlich auch den
Gelsenkirchener Philharmonikern kann die Walcker-Orgel nun wieder
in neuer Klangpracht als Begleitinstrument dienen. Obendrein steht
sie Schülern der Musikschule im Unterricht zur Verfügung.
Künftig sollen wieder vier bis sechs Meisterkonzerte im Jahr mit
prominenten Organisten "zum guten Ton aus Gelsenkirchen" beitragen.
Kustos Obernier wird sich freilich einiges einfallen lassen müssen,
um den stark geschrumpften Kreis der Orgelfreunde zu vergrößern.
Volle Säle zu Konzerten an der Walcker-Orgel waren früher keine
Ausnahme. Aber das ist schon lange her.
Weitergehende Aktivitäten, erst recht ein Festival, kosten zusätzliches
Geld. Obernier vergaß nicht die Kulturpolitiker ausdrücklich daran
zu erinnern.
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