Weihnachtliche
Orgelmusik im Hans-Sachs-Haus
Domorganist
Professor Hans Bachem (Köln) spielte ein reines Bach-Programm
"Musik ist ein gewunden Kranz
und gleich ein himmelischer Tanz;
süßiglich jede Stimme singt,
in Freuden zu der andern springt.
An diesem Tanz sich hören lässt,
Choral mit Fugen sind das Best,
jagt eins das andre artig fein,
schwenkt sich und
kümmt bald wieder ein,
und alle Stimmen loben Gott
mit Freud, der die Kunst geben hat."
Diese Verse von Johann
Walter aus seinem "Lob und Preis der himmlischen Kunst Musika" (Wittenberg 1564) hätten als Motto über der Orgelstunde stehen können, die Domorganist Prof. Hans Bachem (Köln) am Nachmittag des zweiten Weihnachtstages im Hans-Sachs-Haus
gab. Es war eine Feierstunde, die so recht dem inneren Menschen galt, die alle Sorgen und Nöte dieser Zeit vergessen ließ und durch die unsterbliche Musik Johann Sebastian Bachs die Pforten zu jenem Reich aufschloß, das uns niemand rauben kann und in dem unserer Seele Schwingen wachsen, die ihr Kraft geben, sich aus Not und Tod in jene Regionen zu erheben, wo ewige Harmonie herrscht.
Prof. Bachem weiß wohl etwas von der Sehnsucht der Menschen unserer Tage nach dieser Ruhe; er schenkte sie ihnen in der Musik. Man konnte sich seinem Spiel, das in der Auswahl nur Bachscher Werke recht weihnachtlich gestimmt war, ganz hingeben und sich von ihm in die Wunderwelt des großen Thomaskantors entführen lassen. Er ist der rechte Führer dorthin, denn er spielt Bach unverfälscht. Er läßt ihm die Strenge des contrapunktischen Satzes, es gibt ihm die Süßigkeit und Milde der weihnachtlichen und pastoral gehaltenen Choralvorspiele, er romantisiert nichts, sondern gibt uns den e c h t e n Bach. Dazu ist die Walcker-Orgel des Hans-Sachs-Hauses ein herrliches Instrument, das mit seinen alten Registern ein stilgerechtes musizieren ermöglicht.
Auf
drei mächtigen Pfeilern ruhte das Programm: der Fantasie und Fuge in C-Moll, der Toccata in D-Moll und der gewaltigen Passacaglia in C -Moll. Wie Prof. Bachem diese Werke spielt , wie er ökonomisch in den Mitteln, in folgerichtiger Steigerung diese gewaltigen Aeßerungen Bachscher Musikarchitektur aufbaut und sie der tongewaltigen Gipfelung zuführt, das ist immer von neuem bewundernswert. Namentlich die Passacaglia mit den ehernen Themaschritten im Pedal - zwischendurch erklingen sie auch einmal im Manual - ist von imponierender Wucht. Man spürt, daß hier ein
Berufener am Werke ist, der im Geiste Bachs seine gewaltigen Tonschöpfungen nachschafft. Bescheiden tritt er selbst dabei hinter dem Werk ganz zurück, er stellt sich nicht selbst mit irgendwelchen Effekthaschereien in den Vordergrund, sondern ist nur demütiger Diener am Werke des Größten. Das macht uns sein Spiel so sympathisch und nicht zuletzt darum wohl hinterläßt er einen so tiefen Eindruck.
Um die drei Eckpfeiler des Programms rankten sich wie schöne Blumengebinde
Choralvorspiele und andere Orgelstücke kleineren Formats. Die - auch das war ein feiner Zug - in ihren Tonarten sich in verwandschaftlicher Nähe der Hauptwerke hielten. Da war nach dem einleitenden Choralvorspiel "Ich ruf zu dir, Herr Jesus Christ" ein Adagio in F-Dur, das ganz auf zwei gegensätzlich gefärbte Manualstimmen gestellt, weihevoll klingt. Ein Trio in D-Moll, ganz mit alten Registern gespielt, war voll zarter, weihnachtlicher Stimmung: fein wurde von der ruhig gehenden Bewegung der Begleitstimmen der Choral "Meine Seele erhebt den Herrn" als cantus firmus abgehoben. Mit am schönsten aber war wohl für viele das Pastorale über die alte Weihnachtsmelodie "In dulci jubilo", der Prof. Bachem mit seiner, geschmackvoller Registrierkunst besonders feine Reize gab.
Prof. Bachems hohe Kunst - er spielte zudem die ganze Vortragsfolge auswendig - fand unter den erfreulich zahlreich erschienenen Zuhörern aufgeschlossene Herzen und dankbare Hörer.
K.W. Niemöller
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