J. S. Bach: „Matthäus-Passion"
Aufführung am Sonntag, 7. April, durch den Musikverein Gelsenkirchen
Am ersten Sonntag im April wird im Saal des Hans-Sachs-Hauses Johann Seb.
Bachs große Passionsmusik nach dem Evangelisten Matthäus, die „Matthäus-Passion"
aufgeführt. Drei Merkmale unter manchen anderen Vorzügen kennzeichnet diese
Aufführung als ein musikalisches und künstlerisches Ereignis — die Wahl der
ungekürzten Fassung, die Verwendung von zwei Orgeln und die Verpflichtung
herausragender solistischer Kräfte. Die Passion erklingt in Gelsenkirchen
erstmals ungekürzt. Die beiden Orgeln sind in Bachs Originalfassung vorgesehen.
Unter den Vokalsolisten gehören die Sängerinnen Gerda L a m e r s (Berlin) und
Lore Fischer (München), zu den ersten Kräften ihres Fachs. Bei den Sängern
werden die Gelsenkirchener besonders Helmut Krebs (Berlin) begrüßen, der in der
Nachkriegszeit hier tätig war. Auch Erich Wenk (Hamburg) und Bruno Müller
(Stuttgart) sind hier nicht unbekannt. Die große Orgel spielt Prof. Hermann
Schroeder (Köln); für das zweite Instrument, ein Positiv, wurde Karl-Heinz
Grapentin (Kantor und Organist der Altstadtkirche) verpflichtet. Am Cembalo:
Franz Röttger (Propstei-Organist). Den Orchesterpart betreuen die Konzertmeister
und Solobläser mit dem Städtischen Orchester Gelsenkirchen. Es singen die beiden
Chore des Städtischen Musikvereins und der Knabenchor des Schalker Gymnasiums.
Dirigent ist Eugen Klein.
Die „Matthäus-Passion" gehört zu jenen Kunstwerken, die alle Bekenntnisse in der
künstlerischen Offenbarung des christlicher Leidensopfers zu sammeln vermag und
deren Inhalt in den verschiedenen Zeiten immer wieder neu begriffen worden ist.
Die verschiedenen Aufführungsformen der Jetztzeit sind nicht immer ohne
Problematik. Allerdings gibt es auch keine unabänderliche Form. Es darf nicht
vergessen werden, daß die Passion erst nach ihrer Verpflanzung in den
Konzertsaal ihre Sonderstellung errungen hat. Nach Bachs Tod war die Passion
bald vergessen. Mendelssohn führte sie hundert Jahre nach ihrem ersten Erklingen
in Leipzig wieder auf. Dennoch bliebe eine Aufführung im sakralen Raum,
erstrebenswert. Die volle Gegenwartsbedeutunq des Werkes beruht jedoch ganz
wesentlich auf der ins Universale erhobenen Konzertform der Romantik. Gegenüber
der älteren Johannes-Passion, die mehr das Dramatische in den Vordergrund
stellt, betont die Matthäus-Passion das Epische. Das Fortschreiten der Handlung
liegt mehr im Rezitativ als im Chor. In den Arien kommt das lyrische und
betrachtende Element zum Ausdruck; sie sind von einer einzigartigen Tiefe und
Innigkeit des religiösen Empfindens erfüllt. Die Aufführung beginnt am
Spätnachmittag. Wegen der Länge des Werkes ist eine Pause von 45 Minuten
vorgesehen.
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