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  Presseberichte
  Ruhr-Nachrichten, 11.09.1978

Prof. Edgar Krapp fesselte auf der Walcker-Orgel die Zuhörer

Ein Meilenstein in der Geschichte der Orgelkonzerte im Hans-Sachs-Haus

 

Gelsenkirchen. Der eher bescheidene Prospekt der in den vergangenen Wochen vielbesprochenen und -gelobten Walcker-Orgel des Hans-Sachs-Hauses blickte auf ein Auditorium, das man unter dem Strich als erfreulich zahlreich und mehr noch seinem Anspruch nach als hochstehend einstufen durfte.

Der Walcha-Nachfolger Prof. Edgar Krapp (München) präsentierte ein (auch vom WDR aufgezeichnetes) Programm, das dem Instrument auf die Register geschrieben war. Die romantische Literatur überwog also, was jedoch kaum einen Organisten bewegen kann, auch "seinen" Bach ins Programm zu setzen. Diese Pflichtübung war aber keine, denn Bachs "Präludium und Fuge in Es-Dur" erwies sich als eine bemerkenswerte Deutung. Da fiel zunächst das hohe Tempo auf, eine Sache, die sich als problematisch erweisen kann, wählt man sie in der falschen Umgebung. Für die Akustik des Saales erwies sich diese agogische Eigenwilligkeit als ein guter Griff, da die verwischende Verhallung der meisten sakralen Räume hier wegfiel. Als Ergebnis hörte man einen Bach selten vernommenen Glanzes und technischen Niveaus. Folgerichtig entwickelten sich durch die technische Präzision Brillanz und effektvolles Spiel, das jedoch nicht auf Kosten der Plastizität barocker Figuration.

In dieses packende Tonfest strömten die verzaubernden Melismen César Francks "Prelude, Fugue et Variation". Auffallend das Rubato im rhythmischen Bereich, welches die Seele dieser Musik mit jeder Schwingung vor dem Publikum ausbreitete.

Die konzertante Spannungskurve brach nicht ab: Franz Liszts stürmische Huldigung auf den Nestor der Orgelgeschichte "B-A-C-H, Präludium und Fuge" koppelte das eingangs gehörte Werk mit der romantischen Orgelwelt. Hier wie auch in allen anderen Tonbeispielen zeigte sich sehr deutlich, wie kunstvoll Prof. Krapp die Veranlagung des Instrumentes in sein persönliches Interpretationsprofil einbettete. Nie am Werk und an der Orgel vorbeimusizierend, vermochte er es, die begeisterten Hörer durchgehend zu fesseln. Dieses Konzert eröffnete dem Orgelfreund in hochverdichteter Form die Möglichkeiten musikalischer Orgelkunst allgemein und des Walcker-Instruments im besonderen.

Nach der Pause verspürte man verinnerlichte Regungen mit Felix Mendelssohn-Bartholdys "Sonate Nr. 6 in d-Moll". Ohne Schärfe, fast ehrfürchtig registrierte der Organist. Mit Max Regers hochromantischer "Sonate Nr. 2 in d-Moll" beschloß Krapp in großartiger Manier ein Konzert, das man als Meilenstein einordnen darf.

Dazu eine kleine Rückschau zu einem solchen Meßpunkt in der Geschichte dieser Orgel: Krapp-Vorgänger Prof. Walcha eröffnete nach dem Kriege vor überfülltem Saal auf der nach der Auslagerung wieder eingebauten Orgel mit einem reinen Bach-Programm (!) das Orgelleben des Hans-Sachs-Hauses. Nicht auszudenken, welchen Schaden die Musikkultur Gelsenkirchens und die des Umlandes erlitten hätte, wäre ein solches Ereignis durch das Vorhaben, sich von diesem Instrument zu trennen, end-gültig Geschichte geworden. Dieses Konzert bewies nachdrücklich die Richtigkeit des Einsatzes und die folgende Entscheidung für die Walcker-Orgel. Krapps dankende Geste zur Orgel hin wischte alle bösen Gedanken fort. Ovationen für ihn! Eine Zugabe (Bachs "Nun komm, der Heiden Heiland") schloß den Kreis.

Michael Beste

   

 

 

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