Orgelmatinee im Hans-Sachs-Haus
Virtuose
Technik
Altstadt. Die erste Orgelmatinée im Hans-Sachs-Haus bestritt
Friedemann Winklhofer; der 30jährige Organist studierte und
unterrichtet heute an der Münchner Musikhochschule. Sein
Programm umfaßte vier Werke von Wolfgang Amadeus Mozart,
Johann Sebastian Bach, Jean Francaix und Siegfried Karg-Elert.
Mozarts harmonisch
kühne Fantasie f-Moll - ein Spätwerk - klingt auf dieser Orgel
fast schon romantisch. Winklhofer spielte das Stück in einem
mitreißenden musikalischen Atem, der die Zuhörer sogleich
fesselte. Bachs Präludium und Fuge D-Dur BMV 532 zeichnet sich
aus durch seinen hellen, fanfarenartigen Duktus; weniger
konstruktiv als klanglich angelegt, ist es für den Organisten
ein blendendes Spielstück, das virtuose Fähigkeiten, vor allem
auch im Pedalspiel, verlangt.
In seiner Suite Carmelite - entstanden 1960 -
hat der französische Komponist Jean Francaix in sechs
Charakterstücken Nonnen des Pariser Karmel-Klosters
portraitiert. Er tut dies durch melodische und harmonisch
impressive Einfälle, die mit Humor die komischen Schwächen des
Nonnenstandes bloßlegen.
Dem Namen Karg-Elert (1877-1933) begegnet man
selten in heutigen Konzertprogrammen; dabei ist er neben Max
Reger der wohl bedeutendste deutsche Orgelmeister um die
Jahrhundertwende. Sein sinfonischer Choral „Jesu meine Freude"
op. 87 machte dies eindrucksvoll deutlich. An diesem
sinfonischen Werk vermochte Winklhofer überdies aufzuzeigen,
welche spezifischen Klangeigenschaften in der
Hans-Sachs-Haus-Orgel stecken. Wilde, zerklüftete Klangblöcke,
die Regers harmonische Phantasie noch übersteigern –
jugendstilhafter Gefühlsüberschwang, durch Schwellwerk und
tremulierende Farben sinnlich geacht: Karg-Elerts Orgelwerk
gilt es für die Öffentlichkeit wieder neu zu entdecken.
Friedemann Winklhofer spielte vor allem dieses letzte Stück
mit hohem persönlichen Engagement und dabei bestechender,
virtuoser Technik. Die Zuhörer zeigten sich von Stück und
Interpretation begeistert; die Zugabe eines Bachschen
Choralvorspiels rundete eine Orgelmatinee, die zu den bislang
erfreulichsten Begegnungen zu zählen ist.
Heinz-Albert Heindrichs
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