Nun klingt sie
endlich wieder
(HJL) Der neue,
100 000 DM teure Spieltisch der historischen Walcker-Orgel hat
seine Premiere glänzend hinter sich gebracht: Prof. Edgar
Krapp, einer der prominentesten europäischen Orgelinterpreten,
war der erste, der die „jungfräulichen" Manuale und Pedale
„bespielen" durfte. Im Orgelkonzert im Hans-Sachs-Haus-Haus,
zu dem nur rund 100 Interessenten kamen (die kirchliche
Atmosphäre wird wohl mehr geschätzt als die „konzertante"),
stellte Krapp kompetent Werke von Bach, Mendelssohn-Bartholdy,
Genzmer und Liszt vor.
Kompetent - das
bezieht sich auf die musikalisch-analytische Qualität wie auf
die knappen Einführungen in die Werke: Krapp fühlte sich
angesichts des neuen Spieltisches befleißigt, aus dem Abend
ein Gesprächskonzert zu machen. Vielen Hörern vermittelte er
neue Einblicke in die Substanz der Kompositionen.
Am farbigsten und
passendsten waren diese Hinweise bei Harald Genzmers
„Symphonischem Konzert", das Krapp kürzlich im Bamberger Dom
uraufgeführte und an dessen Werdegang er beteiligt war (er ist
Kompositionsschüler des Münchner Musikprofessors). In diesem
Konzert greift Genzmer das beliebte Schema der
virtuos-temperamentvollen Ecksätze mit eingelagerten
Meditationsintermezzi auf. Das tonal gehaltene Werk strahlt
helle Sinnlichkeit und geistige Verinnerlichung gleichermaßen
aus. Die Anforderungen, zumal im Vivo und Allegro, sind
vielseitig: Krapp kam ihnen ideal nach.
Wie er überhaupt
mit logischer Disposition (Bachs Präludium und Fuge e-moll als
Musterbeispiel) und romantischer Empfindung (Mendelssohns
Orgelsonate Nr.l), rasanter Virtuosität (Genzmer und Liszt)
und vollgriffiger Technik (Bach und Liszt) eine Lektion im
Orgelspiel erteilte.
Er legt alles
Äußerliche der Kompositionen ab, um zum Kern vorzustoßen: daß
dennoch vieles einfach perfekt klingt (beispielsweise seine
Kunst des farbigen Registrierens), ist ein Nebenprodukt seiner
künstlerischen Disziplin und Askese. Der Frankfurter
imponierte - das war auch der Eindruck seiner Hörgemeinde.. |