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  Presseberichte
  Buersche Zeitung, 17.12.1987

Ein junger Meister seines Faches

ARD-Preisträger Martin Sander an der Walcker-Orgel des Hans-Sachs-Hauses

Gelsenkirchen. Ein junger Organist spielt Spätwerke von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Julius Reubke und Max Reger. Diesen Sachverhalt muß man mehrfach überdenken, um das Ausmaß seiner Bedeutung ungefähr abstecken zu können. Sind Risikobereitschaft oder gar Vermessenheit die Motive, oder sind es Reife, Klugheit und sichere Einschätzung des eigenen Könnens, welche einen 24jährigen Tonkünstler die Gipfel der Interpretation stürmen läßt?

Vollends sprachlos wird man, wenn man im Werdegang nachliest, daß er neben dem Studium der Kirchenmusik und der Theaterwissenschaften in diesem Jahr sein Diplom als Chemiker gemacht hat. Die Rede ist von Martin Sander aus München, ARD-Wettbewerbspreisträger 1987, der sicher sehr genau weiß, was er tut. Sein technisches Können erlaubt ihm den Zugang zu jeder Partitur, auch zu einer, die lange als un-spielbar galt: Regers Variationen und Fuge über ein Originalthema in fis-Moll.

Sander ist ein Perfektionist. Zu pianistischem Glanz kommt die sehr differenzierende Handhabung des Registrierens hinzu.

Diese mehr oder weniger meßbaren Voraussetzungen indes sind ohne das künstlerische Potential, das der Begabte in sich trägt, lediglich ein Gerüst, ein notwendiges allerdings. Erst Elemente wie das Gespür für Klang, Farbe, Bewegung, die Energie der Tonbeziehungen und die schöpferische Kraft, den Geist einer Komposition aufzuschließen, vermögen die Persönlichkeit des Interpreten einer Vollendung näher zu bringen.

Reubkes-94. Psalm, eine Sonate in c-Moll, ist ein Seelendrama, das der 22jährige Komponist als Todkranker verfaßte. Hier vor allem spiegelten sich diese Merkmale des Spiels von Sander. Hier wie auch in Regers Variationen entwurzelte Sander die nicht beschreibbare Emotionalität der Werke aus dem (Notentext. Man war betroffen.

In dieser Gefühlsbetontheit lag das Zentrum des Konzerts. Mendelssohns Sonate I f-Moll hatte dagegen nur einstimmenden Charakter. Registrant Stephan Peller hatte viel zu tun, um den sehr breit gestreuten Registerwechseln folgen zu können.

Liebe Orgelfreunde in Gelsenkirchen! Auch im Hans-Sachs-Haus steht ein wertvolles Instrument, nicht nur unter dem eigenen Kirchturm!

Michael Beste

   

 

 

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